Interview: Gisela Enders – Reichtumscoach

Gisela Enders Reichtumscoach

Du bist bereits seit über 10 Jahren selbstständig als Coach, Trainerin und Autorin. Erzähle den Leserinnen doch kurz, was du genau machst.

Das hat sich in den 10 Jahren Selbständigkeit immer wieder gewandelt und dieser Wandel sowie die damit verbundene Weiterentwicklung hat das Jahrzehnt auch zu einem sehr spannenden gemacht. Aktuell arbeite ich mit Menschen, die mit ihrem Geld entspannt und dennoch erwachsen umgehen wollen. Viele sind Erbinnen, bei denen das Geld immer mit Emotionen und auch oft nicht geklärten Erwartungen verknüpft ist. Dann kommen zu mir aber auch Menschen, die sich ein Grundeinkommen aus passiven Einkünften aufbauen wollen oder die schlicht ihren eigenen Umgang mit Geld auf eine solidere Basis stellen wollen. Zu diesen Themen schreibe ich aktuell auch. In Büchern, sowie auf meinem Blog Klunkerchen.com

Aus meiner beruflichen Vergangenheit beim Bund für Umwelt und Naturschutz coache ich weiterhin Menschen aus NGOs und begleite diese bei zahlreichen Teamentwicklungsprozessen. Ach so, Gründercoach bin ich auch, aktuell im Vorgründungscoaching des Landes Berlins. 

Wie kam es dazu, dass du in die Selbstständigkeit gewechselt bist?

Ich habe schon immer recht eigenständig arbeiten dürfen, da ich auch vorher immer in Führungspositionen aktiv war, in denen ich viel verantwortet habe und entsprechend viel selbst entscheiden durfte und musste. Ich habe die Selbständigkeit dann eher als Entlastung wahrgenommen, weil ich nur noch für mein Einkommen und nicht mehr das Gehalt für 20 Angestellte zuständig war. Und es gibt viel weniger Besprechungen, was echt gut ist… 

Du hast eben erwähnt, dass Du mit Erbinnen arbeitest. Eine ungewöhnliche Zielgruppe. Ich würde denken, dass die sich doch glücklich schätzen können. Was haben die für Probleme?

Reichlich. Das erste Problem ist schon mal, dass sie mit kaum jemanden darüber reden können.Weil alle das Problem gar nicht ernst nehmen und eher ein bisschen neidisch reagieren. Obwohl es da reichlich Probleme gibt. Zum einen geht es um den praktischen Umgang mit dem Vermögen. Zum anderen gibt es da viele emotionale Probleme.Denn das Geld ist ja nicht vom Himmel gefallen, sondern wurde von jemanden vermacht. Mit diesem Erblasser sind oft viele unausgesprochene oder auch ausgesprochene Erwartungen an das Vermögen und den Umgang damit verbunden. Es hilft oft schon viel, sich dieser Erwartungen bewusst zu werden und dann zu schauen, wie man mit diesen umgehen will. Und am Ende steht natürlich immer die Frage nach dem guten Leben, also wie man das Geld nun tatsächlich für sich selbst und für andere am sinnstiftendsten anlegen will oder nutzen will.

Du sprichst von Erbinnen, haben die anderen Probleme als Männer?

Ja, hier kommt genauso ins Spiel, dass Frauen sich lange nicht mit Geld beschäftigen sollten, wie bei allen anderen Themen bei denen Frauen sich für Geld nicht zuständig fühlen. Wir machen das einfach noch nicht so lange und die Generationen von Frauen vor uns wurden systematisch vom eigenen Geldmanagement abgehalten. 

Ich habe auch heute noch mit Frauen zu tun, die deutlich benachteiligt zu ihren Brüdern geerbt haben und zum Teil sehr um ihr Erbe kämpfen mussten.Frauen erleben außerdem mehr Herausforderungen, sich der neuen Situation und Verantwortung zu stellen. Sie haben dies einfach nicht so sehr gelernt. Wobei sie weit davon entfernt sind, es nicht zu können, das ist einfach nur ein Gedankenkonstrukt.

Mehr Informationen über Gisela Enders findest du auch bei geldfreundinnen www.geldfreundinnen.de

Du hilfst Menschen ein eigenes Grundeinkommen aufzubauen? Ich kenne bisher nur die Forderung nach einem bedingungslosem Grundeinkommen vom Staat. Das meinst Du aber nicht, oder?

Nein, aber ich interessiere mich sehr für die Bedürfnisse, die hinter dieser Forderung stehen. Am häufigsten höre ich da Existenzangst und das kann ich so gut nachvollziehen. Unsere Arbeitswelt funktioniert unglaublich viel über Druck und Angst.Keine gute Motivation für ein erfülltes Arbeitsleben. Wie schön, wenn alle Menschen ohne diesen Existenzdruck leben dürften. Nun kann kein Mensch sagen, wann ein solches bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt wird und ob überhaupt. Aber ich finde, man kann auch selbst an seinem eigenen Grundeinkommen arbeiten.Das wird mir in den Kreisen zum Grundeinkommen viel zu wenig diskutiert oder als überhaupt möglich angesehen. Es kommt da so gut wie gar nicht vor.

Dagegen stehen die Vertreter der finanziellen Freiheit, die so viel Geld sparen, dass sie gar nicht mehr arbeiten müssen. Für mein Buch „Finanzielle Freiheit“ habe ich Menschen, die gar nicht mehr für Geld arbeiten müssen, interviewt.Das ist jetzt knapp drei Jahre her. Ich bin mit allen in Kontakt geblieben und war überrascht, dass alle wieder arbeiten. Obwohl sie gar nicht müssen. Damit verdienen sie wieder Geld. Sie hätten also viel früher mit dem vorher nicht so geliebten Job aufhören können, weil die meisten Menschen, die unter etwa 55 aufhören zu arbeiten, dann doch irgendwann wieder etwas tun. 

Aus dieser Mischung zeige ich heute den Weg auf, sich ein eigenes Grundeinkommen aufzubauen und dann auch rechtzeitig den Absprung zu schaffen und den Beschäftigungen nachzugehen, auf die man wirklich Lust hat.Dies mache ich in Coachings und manchmal auch in kleinen Seminaren. Ganz frisch habe ich es auch in einem Buch zusammengefasst. 

Was ist denn dann der erste Schritt, um zu investieren und dann vielleicht ein Grundeinkommen aufzubauen? 

Sich Transparenz zu verschaffen. Also erstmal über einige Monate ein Haushaltsbuch zu führen und eine komplette Aufstellung des vorhandenen Vermögens inklusive Schulden zu machen. Beides ohne Schuldgefühle, es ist erstmal nur die Bestandsaufnahme. Aber ohne die geht es in meinen Augen nicht.

Dann folgt ein Sparplan, um nacheinander zunächst einen Notgroschen auf einem Tagesgeldkonto aufzubauen und dann langsam mit Investments zunächst die Altersvorsorge abzusichern und diese dann weiter auszubauen auf ein Grundeinkommen. Dabei unterschätzen wir immer den Zinses-Zins. Da dieser nur langfristig so richtig Wirkung erzielt, ist es toll, wenn man früh anfängt.

Manche Frauen, die aus Familien mit geringerem Einkommen sind, glauben vielleicht, dass Investieren und Finanzplanung nur etwas für reiche Leute ist – was kann man diesen sagen, so dass sie ihre Einstellung ändern?

Ändere deine Glaubenssätze, denn solange du denkst, dass reiche Menschen ganz anders sind, wirst du nie reich werden. Denn dein Unterbewusstsein wird gar nicht glauben, dass Du Dich so ändern kannst. Ich finde es immer wieder sehr spannend zu schauen, was Menschen in ihrer Kindheit über Geld aufgeschnappt haben. Wenn da schlecht über reiche Menschen geredet wurde, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man auch selbst schlecht über reiche Menschen denkt. Wie soll man dann selbst reich werden? Hier gilt es zunächst, eigene Überzeugungen sichtbar zu machen und zu verändern.Erst danach ist eine Finanzplanung überhaupt möglich.

Muss man ein Mathegenie sein um mit dem Investieren anzufangen?

Muss man Medizinerin sein, um sich gesund zu ernähren? Wer sagt, dass er nicht gut in Mathe ist und deshalb nicht investieren kann, der wird auch eine andere blöde Ausrede finden, wenn ich das hier widerlege. 

Ich würde diese Aussagen zu meiner Liste der Geldblockaden hinzufügen. Wir haben viele Gedanken über uns, über Geld und unser Verhältnis dazu, über Reichtum und Risiken bei der Geldanlage. Viele der Gedanken und Überzeugungen stimmen garantiert nicht für alle Menschen und sind auch meistens für die Menschen, die zu mir kommen, nicht besonders zielführend. Am Anfang steht aber immer der ernsthafte Wunsch, etwas zu verändern. Dann lassen sich eigentlich alle Geldblockaden auflösen. 

Sich nicht zuständig zu fühlen, scheint bei Frauen beim Thema Geld immer wieder vorzukommen. Viele jüngere Frauen überlassen in der Beziehung ihrem Partner das Thema Finanzen und möchten sich gar nicht erst damit beschäftigen. 

Wie kann man deiner Ansicht nach Frauen ermutigen, dass sie doch einmal anfangen, sich mit ihren Finanzen zu beschäftigen?

Ich habe da kein allgemein gültiges Rezept. Ich bin inzwischen 50 und erlebe in meinem Freundeskreis viele Scheidungen. Gut aufgestellt sind die Frauen, die bereits bei der Eheschließung darauf geachtet haben, dass die geschlossene Wirtschaftsgemeinschaft (und nichts anderes ist eine Ehe) auf transparenten und fairen Füssen steht. Wer würde eine Firma gründen und seinem Geschäftspartner sagen, ist doch egal, wie viel Geld die Firma hat und wie viel ich und wie viel Du eingebracht hast, ich mag einfach deine blauen Augen?

Die meisten Frauen werden übrigens auch nicht ungeplant schwanger. Wer sich nicht nur von Hormonen steuern lässt, der kann über dieses neue „Geschäftsfeld“ etwas nüchterner verhandeln. Wer trägt zum Wachstum des neuen „Geschäftsfeldes“ bei? Wer kann so lange andere Aufgaben in der Firma nicht übernehmen und wie wird dieser Verlust ausgeglichen? Wenn vor dem Kick-off für das neue „Geschäftsfeld“ die Rahmenbedingungen für die beiden FirmeninhaberInnen gut ausgehandelt sind, dann kann es losgehen. Wenn nicht, dann eben nicht. Ich weiß, dass dies für viele Frauen schwer auszuhalten ist. Aber das abwägen ist dann so brutal, wie es eben in Zukunft sein kann. Kinder ohne einen passenden Ausgleich für die Altersvorsorge bedeutet wahlweise lebenslang keine Option der Trennung oder spätestens Altersarmut, oft geht die Armut auch gleich nach der Trennung los. 

Gibt es abschliessend noch etwas, das du Frauen in Bezug auf Finanzen als Ratschlag mit auf den Weg geben möchtest?

Mach Dir erst deine Gedanken zu Geld bewusst. Wenn die negativ sind, dann verändere erst diese. Und dann mach Dich schlau. Es gibt zahlreiche gute Bücher, ´zig Blogs, Podcasts und Videos. Probiere Dich in kleinen Schritten aus. Im Tun lernst Du am meisten. Selbst in Fehlern, die Du mit Geld machen kannst, dessen Verlust Du im Worst-Case verkraften kannst.

➤➤➤ Gisela Enders wohnt in Berlin. Weitere Infos zu ihr findet ihr auch auf ihrer Website www.gisela-enders.de oder ihrem Blog Klunckerchen.com 

➤➤➤ Neben dem Coachen hat Gisela Enders auch mehrere Bücher geschrieben wie u. a. 

•  „Finanzielle Freiheit – Wie Menschen leben, die für Geld nicht mehr arbeiten müssen”

•  „Bau Dir Dein Grundeinkommen – radikale Wege aus Konsumzwang und Existenzangst”

Mehr Informationen über Gisela Enders findest du auch bei geldfreundinnen www.geldfreundinnen.de

Fotos: Gisela Enders