Artikel: Wie verhalte ich mich gegenüber der Agentur für Arbeit bei geplanter Selbstständigkeit?

Erfahrungsbericht Guanshe Selbstständigkeit

Ein Erfahrungsbericht

Im Zusammenhang mit meiner geplanten Selbstständigkeit nach Eigenkündigung hat mir der Umgang mit der Agentur für Arbeit tatsächlich die größten Bauchschmerzen bereitet. Ich war unsicher, wie ich mich richtig verhalte, schließlich beabsichtigte ich ja nicht, deren Hilfe bei der Jobsuche in Anspruch zu nehmen. Gleichzeitig sagte man mir von allen Seiten „Erzähl denen bloß nichts von Selbstständigkeit, das wollen die gar nicht hören“. Also sollte ich lügen? Denen was von psychischer Belastung erzählen? Und was mache ich, wenn die mich irgendwo als Sekretärin oder Busfahrerin vermitteln wollen? Man will ja nicht unkooperativ erscheinen und es sich mit seinem zuständigen Berater verscherzen, wenn man später noch auf dessen Bewilligung des Gründungszuschusses angewiesen ist.

Aber der Reihe nach: Wer kündigt oder gekündigt wird, muss sich innerhalb von 3 Arbeitstagen arbeitssuchend melden (nicht zu verwechseln mit der ArbeitsLOSmeldung, die erst später und persönlich erfolgt). Auf der Website der Agentur für Arbeit las ich: „Sie können sich persönlich, online oder telefonisch unter der Nummer 0800 4 555500 (gebührenfrei) arbeitsuchend melden.“

Hervorragend, dachte ich. Arbeitssuchendmeldung also online, keine unbequemen Fragen. Ein paar Tage nach der Online-Arbeitssuchendmeldung erhielt ich neben ein paar Informationen für Arbeitslose einen Brief, in dem mir mitgeteilt wurde, die Online-Anzeige sei nicht ausreichend: man müsse im zweiten Schritt unbedingt persönlich erscheinen (laut §38 Abs. 1 SGB III), da sonst Sperrzeiten drohten. Hätte man das auf der Website nicht deutlicher formulieren können/müssen?

Hochnervös rief ich bei der zentralen Vermittlungsnummer an. Eine wirklich sehr freundliche Dame ergänzte mit mir die fehlenden Daten, fragte kurz nach dem Grund der Kündigung (ich nannte ihr übermäßigen Stress) und erläuterte mir die nächsten Schritte: ich sollte jetzt schon online den Antrag auf Arbeitslosengeld stellen, am Ende bekäme ich eine Arbeitsbescheinigung für den Arbeitgeber, die von ihm auszufüllen sei. Sie erinnerte mich daran, dass ich zum Ablauf meiner dreimonatigen Kündigungsphase persönlich zur Arbeitslosmeldung vorsprechen müsse, aber meine Arbeitssuchendmeldung sei damit jetzt abgeschlossen. Äh, wie? Doch kein Termin? Mir sollte es recht sein!

Weitere Informationen und Tipps beim Weg in die Selbstständigkeit findest du auch im Leitfaden: Wechsel in die Selbstständigkeit: Ein Leitfaden für angehende Freiberufler und Gewerbetreibende in Deutschland.

Kurz darauf erhielt ich neben denselben Informationen für Arbeitslose auch wieder genau denselben Brief wie vorher: die Online-Anzeige der Arbeitssuchendmeldung sei nicht ausreichend… Ich beschloss das zu ignorieren.

Parallel dazu meldete sich mein Berater per Mail, forderte meinen Lebenslauf an und teilte mir mit, man würde unaufgefordert wegen eines Termins auf mich zukommen, das könne allerdings dauern.

Der nächste Schritt war also die Beantragung des Arbeitslosengelds, die man online erledigen kann. Auf der Website las ich: „Bevor Sie Ihren Antrag auf Arbeitslosengeld starten, sollten Sie sich arbeitsuchend UND arbeitslos melden!“ Diese Widersprüchlichkeit ging mir langsam auf die Nerven. Ich startete den Antrag trotzdem und musste nur angeben, wann und wie ich mich arbeitssuchend gemeldet hatte, die Arbeitslosmeldung war offenbar doch egal. Man muss sich durch 12 Seiten mit Fragen klicken, die meisten nur Ja/Nein-Fragen, nur bei der Begründung zur Eigenkündigung muss man ein bisschen Text eingeben. Ich schmückte meine Stress-Geschichte (die auch nicht wirklich gelogen war) ein bisschen aus. Eine knappe halbe Stunde sollte man sich Zeit nehmen, da man nebenbei Infos lesen und Angaben nachschlagen muss und die Fragen teilweise umständlich formuliert sind. Zum Schluss wird der Antrag online abgesendet und man kann die Arbeitgeberbescheinigung als PDF-Formular herunterladen, das man später online oder per Post nachreichen kann.

Ich bekam wieder Post: ein Formular musste ich nachreichen und – Achtung! – einen Fragebogen ausfüllen, da ich aus gesundheitlichen Gründen gekündigt hätte und man ggf. meinen Arbeitgeber informieren müsse. Puh, das hatte ich nun nicht beabsichtigt. Das Formular für den Arzt konnte ich ja getrost ignorieren und dann musste ich also auf dem Fragebogen ein bisschen zurückrudern und versuchen, die Situation für mich zwar als belastend, aber nicht als gesundheitsgefährdend darzustellen. Man sollte sich also gut überlegen, ob man so wirklich vorgehen möchte. Auch mit Krankschreibungen für den verbleibenden Arbeitszeitraum, weil man es sich mit dem Chef oder Kollegen verscherzt hat, oder weil man hofft, so die Sperrzeiten wegen Eigenkündigung zu umgehen, sollte man äußerst vorsichtig sein. Im Bekanntenkreis wurde einer Freiberuflerin gerade genau deswegen die private Krankenversicherung gekündigt, da man ihr vorwarf, sie habe eine psychische Krankheit verschwiegen.

Ich reichte also alles ein und beschloss auch die Arbeitslosmeldung zu erledigen, obwohl ich noch über einen Monat Zeit hatte. Dabei handelt es sich um eine reine Identitätskontrolle, bei der man seinen Ausweis zeigt und fertig. Man braucht dafür keinen Termin, stellt sich einfach am Schalter an und nach ein paar Minuten ist alles erledigt.

Den Antrag auf Gründungszuschuss konnte man mir dort leider nicht aushändigen, den bekommt man nur über den Berater. Es waren inzwischen zwei Monate vergangen und ich hatte keinen Gesprächstermin bekommen. Ich bat meinen Berater per Mail um einen Termin zwecks Antragsabholung. Eine Urlaubsvertretung antwortete und bot mir an, den Antrag zuzusenden, wenn ich mir meiner Sache schon sicher sei und keine Beratung benötigte. So einfach also? Zwei Tage später war alles da.

Weitere Informationen und Tipps beim Weg in die Selbstständigkeit findest du auch im Leitfaden: Wechsel in die Selbstständigkeit: Ein Leitfaden für angehende Freiberufler und Gewerbetreibende in Deutschland.

Fazit: Man hört oft von der systematischen Entmutigung durch die Arbeitsagentur, die Gründer angeblich davon abhalten will, den Antrag auf Gründungszuschuss zu stellen. Ich kann diesen Eindruck absolut nicht bestätigen. Ich hatte ausnahmslos mit äußerst freundlichen Mitarbeitern zu tun, die alle sehr hilfsbereit und zuvorkommend waren. Vielleicht gibt es in einer Millionenstadt auch einfach zu viele Gründer, so dass da keiner groß mit der Wimper zuckt. Im Nachhinein hätte ich vermutlich einfach mit offenen Karten spielen können, ich glaube nicht, dass das jemanden gestört oder mir irgendwelche Nachteile verschafft hätte.

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(Foto: succo/pixabay)